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Unsere Reise geht weiter

MENORCA

Über das Heck gesehen, sind am Horizont die Umrisse Mallorca‘s nur noch schwer auszumachen. Menorca, die kleine Schwester Mallorcas, wird aus dem über ihren liegenden Dunst immer deutlicher. Kleine und meist bizarre Buchten reihen sich, hauptsächlich im Süden, wie eine Perlenkette aneinander und sind von Land kaum oder nur sehr schwierig zu erreichen Der Ansturm der sonnenhungrigen Feriengäste hält sich auf Menorca in überschaubaren Grenzen, was sich vorteilhaft für uns Segler auswirkt.

Jedes Jahr im Juni findet in Ciutadella auf Menorca ein Patronatsfest zu Ehren des Heiligen Johannes statt. Die Spanier nennen es die Fiesta Sant Juan. Dieses größte Volksfest der Insel erstreckt sich über mehrere Tage mit Reiterprozessionen, Haselnusswerfen und weiteren spektakulären Ereignissen. Es ist zudem eine der größten und bekanntesten Fiestas Spaniens.

Ciutadella sagt man eine althergebrachte Passivität nach. Jedoch im Juni eines jeden Jahres lebt diese Stadt auf, bis hin zur völligen Ausgelassenheit. Dieses in der ganzen Welt bekannte traditionelle Volksfest wollen wir miterleben. Bedingung ist natürlich, dort einen Liegeplatz für die Thalatta und damit für uns zu bekommen.

Es ist später Nachmittag, als wir das an der Punta de sa Farola gelegene Westhuk der Einfahrt in den Naturhafen vor uns haben. Feli legt das Ruder hart Steuerbord. Wir sind zum zweiten Mal auf dieser Reise im Hafen von Ciutadella. Nach einigem hin und her dirigiert uns ein etwas unsicherer Marinero zu einem Pantalan. Durch die nur sehr kurzen Finger der Schwimmstege müssen wir, um sicher zu liegen, Springleinen ausbringen, was natürlich dauert. Nach einer guten halben Stunde ist die Thalatta gut vertäut. Die Versorgung mit dem Wasser- und Stromanschluss liegt, wir sind guter Dinge. Nur noch die offizielle Hafenanmeldung muss durchgeführt werden.

Unser Schiff

Hier der Film “Menorca”

Die uns schon bekannte. dominante Hafenmeisterin lässt auch nicht lange auf sich warten. Mit festem Schritt und nach wie vor mit einer großen schwarzen Kladde bewaffnet, schreitet sie die Stege auf und ab, nicht ohne ständig irgendwelche Anweisungen an ihre sie begleitenden Hilfs-Marineros zu erteilen. Um einer unnötigen Konfrontation aus dem Weg zu gehen, bleibe ich vorsorglich unter Deck. Sie könnte mich erkennen und sich an unsere unliebsame Begegnung vor zwei Wochen erinnern. Feli spricht mit ihr und erklärt, dass wir bis nach der Fiesta bleiben wollen, also für fünf Tage. Heute ist Mittwoch, und am Samstag beginnt das große Fest. Sie sieht natürlich unüberwindbare Probleme in unserem Vorhaben. Es ist nicht anders zu erwarten gewesen

» Alle wollen während der Fiesta in den Hafen! «, erklärt sie uns mit einem leichten Unterton, der Verzweiflung erkennen lässt.

» Stündlich bekomme ich neue Anmeldungen über das Internet! «, fährt sie nun in hektischen Worten fort und ergänzt fast ein wenig schnippisch:

» Nächste Woche habe ich genug freie Liegeplätze! «.

Zwei DIN-A4 Seiten Liegeplatz-Reservierungen präsentiert uns die offensichtlich wieder einmal überforderte Hafenchefin. Feli bringt Verständnis auf, zeigt Interesse und klagt mit ihr gemeinsam über die zu erwartende übermäßige Arbeit während der bevorstehenden Feierlichkeiten.

» Es zeugt von einer vorhandenen Befähigung, wenn einem die Verantwortung an solchen Tagen übertragen wird!«, versucht Feli die Unterhaltung in Gang zu halten. Das traf wohl direkt ins Schwarze. Zeit spielt nun bei unserer Hafenbeamtin überraschenderweise keine Rolle mehr. Der Redeschwall der Hafenbeamtin nimmt kein Ende. Selbst ihre große Kladde legt sie aus der Hand und sucht offensichtlich das private Gespräch. Die beiden Frauen plaudern zu meinem Erstaunen über alles Mögliche. Es wird gelacht und gescherzt. Haben sich hier Freundinnen gefunden?

Die Plauderrunde wird größer und lauter. Das Baby unserer, wohl vom Stadtbummel zurückgekommenen spanischen Boots-nachbarn ist nun offenbar zum Mittelpunkt des Geschehens geworden. Eine ausgesprochen entspannte Situation. Die Stimmung ist nach wie vor auf recht hohem Niveau. Unsere gerade kennengelernten Nachbarn berichten euphorisch von der bevor-stehenden Fiesta. Diese Chance lässt Feli sich natürlich nicht entgehen. Den Wunsch, einen Liegeplatz während der Fiesta Sant Joan in Ciutadella zu bekommen, macht sie nochmals zum Thema und unsere Nachbarn erweisen sich als unsere unerwarteten Fürsprecher. Dann bekommen wir, ich fasse es nicht, ohne viele Umstände, die erhoffte Liegeplatzzusage für fünf Tage

Die hier eingestellten Texte stammen auszugsweise aus meinem Buch “1000 Meilen segeln in den Balearen”

Was doch ein wenig Beherrschen der Landessprache ausmachen kann. Da ich die nun getroffene Entscheidung der Hafenbeamtin nicht noch durch mein Erscheinen an Deck gefährden will, bleibe ich im Salon. Die Fiesta kann beginnen, zumindest wir sind bereit.

Einheimische und Gäste mischen sich in den Cafés rund um den Hafen. Es ist Freitagabend, „after-work-time“. Es herrscht überall eine ungezwungene Feierabendstimmung. Wir finden am Ende der Hafenzeile, direkt an der zur Altstadt führenden großen Treppe, ein nettes Restaurant und dort einen der letzten freien Tische. Auf der weiträumigen Terrasse herrscht ein Kommen und Gehen. Wir bestellen Tapas und lassen uns mal wieder von dem Flair dieser quirligen Hafenstadt gefangen nehmen.

Wer schon mal an einem, meist lauen Sommerabend, zur späten Stunde durch die verwinkelten und oft verwirrenden Gassen dieser Stadt geschlendert ist, einen Wein getrunken, an der Mauer des Plaza de Born mit Blick hinab in den Hafen, den warmen salzhaltigen Wind gespürt hat, wird dem Charme die-ser Stadt sehr schnell verfallen sein.